Prof. Dr. Helmut Reichling zu Themen von gestern, heute und morgen
aktualisiert am: 13.02.2016
Die wissenschaftstheoretischen Aussagen dieses
Experimentes können vereinfacht so dargestellt werden
1. Es gibt
keine „wirkliche“ Wirklichkeit.
2. Die Messung eines Istzustandes ist von
der Art und der Methode der Messung abhängig.
3. Die Realität ist von der Definition des
Istzustandes abhängig.
Noch zu kompliziert?
rEin Beispiel:
Viele wissenschaftstheoretische Überlegungen der Physik
haben mittlerweile ihre Anwendung in der empirischen Sozialforschung gefunden.
Auch in meinem Fach der Konsum- und Verhaltensforschung.
Nehmen wir als Beispiel eine Person. Sie hat zwei
mögliche Istzustände. (1) Die Person mag Bier, (2) die Person mag kein Bier.
Wird diese Person bei einer Marktstudie telefonisch befragt, ob sie Bier mag,
sagt sie „nein“, weil sie wirklich kein
Bier mag. (Istzustand 2).
Besucht die gleiche Person mit Freunden eine Brauerei,
besichtigt die Fabrik, wird dann noch zu einem guten Essen eingeladen, bekommt
ein schönes Erinnerungsgeschenk und wird beim Essen gebeten einen Fragebogen
auszufüllen, kreuzt sie auf dem Fragebogen „ja“ an, weil sie glaubt, dass
gehört sich so und weil sie nicht undankbar sein will. (gemessen wird also
jetzt der Istzustand 1)
Was ist also der „wirkliche“ Istzustand?
Er kann sowohl 1 als auch 2 sein. Gemessen wurde beides.
In der Person spielt sich möglicherweise jetzt folgender Prozess ab: Sie hat 1
angekreuzt obwohl sie 2 denkt. Das führt unterbewusst zu einem Konflikt, den
man als „kognitive Dissonanz“ bezeichnet. Die Person versucht nun diesen
inneren Konflikt unbewusst abzubauen, das führt zu besonderen Reaktionen, die
darin enden können, dass die Person von sich glaubt, dass sie eben doch Bier
mag. (Beide Zustände sind also gleichzeitig möglich)
Soviel zu „Schrödingers Katze“.
Prof. Dr. Helmut Reichling, Hochschule Kaiserslautern, Campus Zweibrücken, 66482 Zweibrücken, Amerikastr. 1